Der Aufruhr+++in den Cevennen by Ludwig Tieck

Der Aufruhr+++in den Cevennen by Ludwig Tieck

Autor:Ludwig Tieck [Tieck, Ludwig]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T22:00:00+00:00


Am andern Morgen fühlte sich Edmund um vieles besser. Cavalier schwebte noch immer vor seinen Augen, und ihm war, als zögen ihn Arme von seinem Lager auf, um dem Freunde nachzufolgen. Als Eustach gegen Mittag eingeschlafen war, erhob er sich still, nahm seine Büchse, und stieg eilig und mit leisen Schritten den Bergpfad hinunter. Er fühlte sich leicht und wohl, ihm dünkte, er hätte noch nie so schnell und so unermüdet wandeln können. Er vermied die Straße, und wieder führte ihn ein richtiges Gefühl die kürzesten und sichersten Wege.

Als die Sonne sank und die Schatten dunkler wurden, stiegen[110] mit der zunehmenden Finsternis die Gebilde immer deutlicher und bestimmter in seiner Phantasie auf. Auch die andern Gestalten im Trupp unterschied er. Als es ganz dunkel war, erschien ihm sein Vater, Franz, das väterliche Haus und die kleine schlafende Eveline. Umher lauerten schwarze Gestalten, Verderben drohend.

Eine Stunde vor Mitternacht stand er oben auf einem Berge, und unter ihm ein dunkles Tal, ein großes Haus, aber nur wenige Fenster erleuchtet. Wie erstaunte er, als er sich wiedererkannte. Es war seine Heimat, und er hatte sie auf einem Wege gefunden, den er sonst noch niemals betreten hatte. Hier hatte er neulich seinem Vater den letzten Gruß zugewinkt. Er stieg hinab. Im Weinberge hörte er flüstern, er sah Gestalten sich kriechend fortbewegen. Bekannt, wie er hier war, gewann er leicht die hintere Felsenwand einer Grotte, und hörte drinnen sprechen. »Es muß bald geschehen«, sagte eine heisere Stimme, »und zwar, wie ich auskundschaftet habe, geht es vom Garten her am besten, wir versammeln uns alle in dem gewölbten Bogengang. Von dort erreichen wir die untern Fenster am leichtesten. Zwei, drei andere steigen indes auf der Leiter durch das Fenster oben. Der Alte, das Kind und die Dienerschaft totgeschlagen. Aber nicht geschossen. Das sag ich euch; denn königliche Truppen stehn ganz nahe, die uns dann wohl das Plündern verbieten würden. Darum dürft ihr auch das Haus nicht anzünden.«

Edmund schlich den Garten hinab, hinter den Scheunen fand er Cavalier und seinen Trupp. Sie erstaunten, ihn so plötzlich zu sehn, und waren über die Nachricht, die er brachte, erfreut. Er führte sie auf einem andern Weg in den Garten, und postierte sie an den hintern Teil des geflochtenen Berceaus, das weiter keine Ausgänge an den Seiten hatte. Die Hälfte des Truppes nahm er mit sich, um den Eingang zu besetzen. Die Räuber waren schon im dunkeln Buchengange. Als sie Menschen kommen sahen, zogen sie sich zurück, aber Edmund verfolgte sie; es kam in der Dunkelheit zum Handgemenge, und Cavalier und die Seinigen näherten sich nun ebenfalls und nahmen die Mörder in die Mitte. Cavalier hatte schnell ein Windlicht anzünden lassen, und nach kurzem, aber mörderischen Kampfe, als die tapfersten der Räuber gefallen waren, mußte sich der Rest ergeben. Cavalier ließ alle binden, und von seinen Soldaten fortführen.

Edmund ging in der stillen Nacht mit einigen des Gefolges um das Haus. Er fand eine Leiter angelegt, auf welcher wohl einige der Räuber hatten hineinsteigen wollen. Er konnte dem[111] Zuge nicht widerstehen, den Aufenthalt seiner Jugend wiederzubesuchen.



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